Bilder und Text:
Karla Hoppe
Der Vaporetto der Linie 12 folgt den Pfählen, die die Fahrrinne des Canale San Giacomo kennzeichnen und die seit Jahrhunderten die Boote durch die Tiefen und Untiefen der Lagune durch das Meer führen. Wir ziehen vorbei an Inseln und Inselchen, die meist unbewohnt sind und auf denen verfallene Gebäude und verwilderte Gärten an ehemalige Siedlungen erinnern. Ungefähr 10 km nördlich von Venedig empfängt den Besucher in der Lagune das aus vier kleinen Inseln zusammengefügte Dorf
Burano.
Eine Fischersiedlung, die zwei Meter über dem Meeresspiegel liegt und die vermutlich schon um 1000 besiedelt war. Mit Sicherheit weiß man, dass hier drei Klöster standen, die Anfang des 19. Jh. aufgelöst wurden. Die Kirche San Martino stammt aus dem 16. Jh. und der auffällig schiefe Campanile wurde zu Beginn des 18. Jh.
errichtet.
Der Ort ist ganz so, wie man ihn von Postkarten kennt: malerische Hausfassaden in kräftigen, oft sehr grellen, unterschiedlichen Farben, die jedes Jahr gestrichen werden und den jeweiligen Besitz kennzeichnen. Beidseitig der durch geschwungene Brücken verbundenen Kanäle liegen bunte Fischerboote.
Die Frauen des Dorfes sitzen entweder arbeitend vor den Türen ihrer Häuser oder bieten an allen Ecken und Enden auf Verkaufsständen
Filetstickereien, Häkel- und Klöppelarbeiten an. Die berühmten genähten und geklöppelten Spitzen brachten hier vom 15. bis Ende des 18. Jh. einen gewissen Reichtum. Als später hiesige Klöpplerinnen nach Belgien und Frankreich geholt wurden,büßte man die
Monopolstellung in der Spitzenherstellung ein, und bald war diese Kunstfertigkeit in Vergessenheit geraten. Um 1870 gründete man jedoch wieder
eine Klöppelschule, wo junge Frauen mit der traditionellen Handarbeit vertraut gemacht wurden und die heute dem Museum Merletti angeschlossen ist. Kostbare alte Spitzen sind in diesem Museum aus fünf Jahrhunderten
ausgestellt, so beispielsweise ein Taschentuch, das man für Napoleon Buonaparte kunstvoll bestickt hatte. Wieder eine Spitzenschule einzurichten, war allerdings nicht so erfolgreich wie erhofft, denn das Klöppeln war den Mädchen zu anstrengend - in einer Fabrik oder als Verkäuferin konnten sie mehr verdienen. Heute sind die angebotenen Spitzendeckchen und –arbeiten oft maschinell in China oder Korea hergestellt.
In einfachen Trattorias (Gaststätten) bekommt man gute, verlockende Fischspezialitäten angeboten und in den Osterias (Wirtshäusern) immer auch ein Gläschen Wein, das man häufig bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen vor den Häusern sitzend genießen kann.
Abseits der Touristenströme während des quirligen Rummels mit dem jährlichen Maskenfest zum „Carnevale a Venezia“ kann man hier in Burano an einem Wintertag im Februar noch stille Winkel und das einfache Leben in der Lagune finden. Auch wenn die Insel in kunstgeschichtlicher Hinsicht wenig zu bieten hat, zieht es Maler, Schriftsteller und Fotografen immer wieder zum Verweilen in diese reizvolle, unverfälschte Idylle einer alten Fischersiedlung.
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